2025 Europameisterschaft in Vaires-sur-Marne / Ricarda Funk holt EM-Gold

18.05.2025 15:57
von Marianne Stenglein

Nach EM Gold im Team für Noah Hegge - der beste Deutsche im K 1 Herren mit Platz acht im Finale

Die Kajak-Herren holten ja am ersten Tag den EM-Titel im Team-Wettbewerb - bei den K 1 Damen holte sich die Wahl Augsburgerin und Kanu Schwaben Mitglied Ricarda Funk den Europameistertitel bei den K 1 Damen - herzlichen Glückwunsch!

EM-Gold für Ricarda Funk auf der Paris-Olympia-Strecke: „Mein gebrochenes Herz ist vielleicht doch wieder zusammengewachsen“

Nach dem dramatischen Erlebnis bei den Olympischen Spielen vor knapp einem Jahr in Paris hatte Slalomkanutin Ricarda Funk (KSV Bad Kreuznach) & Kanu Schwaben  vom Europameistertitel im Kajak-Einer auf dem Kanal im französischen Vaires-sur-Marne geträumt. „Aber wir wissen alle, wie schwer das ist“, sagte die Rheinländerin. Mit einem starken Lauf verwies die 33-Jährige Gabriela Satkova (Tschechien) und Zuzanna Pankova (Polen) auf die Plätze zwei und drei. „Dass mir hier ein nahezu perfekter Lauf gelungen ist, darüber freue ich mich unglaublich. Ich bin sehr happy, dass mein gebrochenes Herz vom letzten Jahr vielleicht doch wieder zusammengewachsen ist“, sagte Funk.

„Mit diesem Ort hier verbinde ich Träume. Geplatzte Träume. Ganz viel harte Arbeit“, sagte die Ausnahmeathletin sehr nachdenklich, um dann freudestrahlend zu sagen, „und jetzt natürlich auch einen Europameistertitel.“ Die Geschichte habe somit doch noch irgendwie eine gute Wendung genommen. Mit jedem Schritt, den sie die Treppe, die bei Olympia hinauf zu den Medien führte, ging, habe sie an ihre Interviews vor einem Jahr denken müssen. „Das ist mir nicht leicht gefallen und auch heute, vor dem Start sind mir vor dem Start noch einmal ein paar Tränchen heruntergeflossen. Aber die konnte ich dann zum Glück in positive Energie umwandeln.“

Im Herrenbereich sorgte Noah Hegge (Kanu Schwaben Augsburg) mit Rang acht für das beste Ergebnis aus deutscher Sicht. Der 26-Jährige hatte zuvor als Halbfinal-Zwölfter den Endlauf der Top-12 gerade so erreicht. Den Sieg sicherte sich der Tscheche Jiri Prskavec vorm Franzosen Titouan Castryck und dem Slowenen Martin Srabtonik. Noahs großes Ziel sei ein Podestplatz gewesen. „Im Vorfeld war die Strecke auf den ersten Blick sehr schwierig. Das ist sie, aber man kann sie gut fahren. Ich hatte aber im Finale immer mal wieder kleine Fahrfehler drin, die viel Zeit, aber vor allem Energie kosteten“, erklärte der 26-Jährige. Dieses viele nötige Nacharbeiten habe er dann zum Ende der Strecke gespürt. „Ich war nicht immer mit dem Wasser, sondern auch gegen das Wasser unterwegs“, was sich dann natürlich in der Laufzeit widerspiegelte.

Die anderen deutschen Halbfinalisten konnten sich nicht für den Endlauf qualifizieren, wobei es Debütantin Emily Apel (Kanu Schwaben Augsburg) fast gelungen wäre. Für sie war das Kajak-Halbfinale ein Wechselbad der Gefühle. Die 22-Jährige zauberte einen grandiosen Lauf in den olympischen Wildwasserkanal. Das musste reichen, um sicher im Finale zu stehen – so schien es. Doch dann, nach etwa 20 Minuten die Ernüchterung: Plötzlich stand eine 50-Sekunden-Strafe wegen eines nicht korrekt befahrenen Tores in der Ergebnisliste. Dabei war zuvor kein Anzeichen dafür, dass es eine solche Wertung geben könnte. Alle vier Kampfrichter haben eine korrekte Befahrung angezeigt. Wie sich herausstellte, hatte Slowenien Protest eingelegt. Zwei Kameraeinstellungen konnten den Fehler nicht bestätigen, bei der dritten sah es kritisch aus, aber, so sagte Cheftrainer Klaus Pohlen, „aus meiner Sicht ist es nicht eindeutig. Es bleibt so ein kleiner fader Beigeschmack, wenn eine andere Nation Einspruch erhebt. Normalerweise macht man das nicht und ich kriege ihn auch nicht weg“. Die Augsburgerin sagte, „es ist schade, dass man so viel später die 50 bekommt. Das kann ich gerade noch schwer einordnen. Aber ich denke, ich gehe hier dennoch erst einmal mit einem guten Gefühl hier heraus. Ich versuche das Gute mitzunehmen.“

Ebenfalls 50 Strafsekunden kassierte Stefan Hengst (KR Hamm) im Kajak-Einer. Doch auch ohne die Strafwertung hätte es der 31 nicht geschafft, sich für das Finale der besten Zwölf zu paddeln.

Bestes deutsches EM-Ergebnis im Canadier Einer für Nele Bayn mit Platz fünf

Für das beste Ergebnis der Deutschen im Canadier-Einer bei den Europameisterschaften in Vaires-sur-Marne sorgte Nele Bayn (Leipziger KC) mit ihrem fünften Platz. Die 25-Jährige erreichte als einzige das Finale. Dafür hatte sie sich viel vorgenommen. „Ein Podestplatz wäre schon schön gewesen“, verriet sie. Dennoch: „Ich bin grundsätzlich zufrieden mit dem Lauf“. Sehr gut und schnell gestartet, ließ sie allerdings kontinuierlich immer mehr Zeit liegen. Hinzu kam eine Zweisekunden-Strafe wegen einer Torstabberührung. An der Kraft habe es aber nicht gelegen, erklärte sie. „In den letzten vier Toren habe ich ein bis zwei Fehler gemacht, die mich Zeit gekostet haben.“ Gold, Silber und Bronze holten Monica Doria (Andorra), Laurene Roisin und Doriane Delassus (beide Frankreich).

Titelverteidigerin Andrea Herzog (Leipziger KC), auf der alle Hoffnungen lagen, hatte mit Platz 19 im Halbfinale den Endlauf der besten Zwölf verpasst. Die Tokio-Olympia-Bronzegewinnerin zeigte nach ihrem Vorlaufsieg zunächst, bis Tor 16, einen richtig starken Halbfinallauf. Dort fuhr sie vorbei, musste neu ansetzen, was zu viel Zeit kostete.

Das Finale der Canadier-Herren fand ohne deutsche Beteiligung statt. Ernüchternd war vor allem der 30. und damit letzte Platz im Halbfinale von Routinier Sideris Tasiadis (Kanu Schwaben Augsburg). Am Ende standen bei ihm 102 Strafsekunden auf dem Tableau. Auf den weiteren Saisonverlauf kann man allerdings optimistisch schauen. Denn seine Grundschnelligkeit stimmt. Mit seiner reinen Fahrzeit bewegte sich der Augsburger im Bereich der Spitzenzeiten. Seine ersten 50 Strafsekunden sammelte er bereits an Tor neun ein. Ein kleiner Fehler, „und dann bin ich mit dem Heck ein bisschen am Poller hängengeblieben“, sagte der 35-Jährige. Dadurch war das Boot nicht korrekt im Tor. Den zweiten Fünfziger könne er sich nicht erklären, aber am Ergebnis des Halbfinal-Aus‘ hätte das am Ende nichts geändert. Die verpasste Finalteilnahme ärgere ihn schon, „aber die Zeiten hier mit den Franzosen mitzufahren, das muss man erst einmal können. Ich weiß jetzt, ich kann mit den ersten Drei bis Vier mithalten. Und darauf kann ich aufbauen. Also ich muss nicht mehr so viel an meinem Fahrstil ändern.“

Die anderen beiden Canadierpaddler Lennard Tuchscherer (Leipziger KC) und Timo Trummer (KV Zeitz) landeten im Halbfinale auf den Rängen 18 und 21. Der Leipziger kam zwar ohne Berührung durch den Stangenparcours, aber er ließ zu viel Zeit auf der Strecke liegen. Am Ende waren es 5,81 Sekunden auf den Halbfinalersten. Beim Zeitzer waren es 8,76 Sekunden, allerdings bei vier Strafsekunden. Den EM-Titel sicherte sich der Spanier Miquel Trave vor dem Franzosen Nicolas Gestin und Ziga Lin Hocevar aus Slowenien.

Fazit des Cheftrainers

Cheftrainer Klaus Pohlen resümierte nach den Kanuslalom-Entscheidungen am Samstagabend: „Wir gehen nicht ganz unzufrieden hier weg – allem voran natürlich der Erfolg von Ricarda Funk. Ihre Fahrt war eine Demonstration. Ich habe selten so gute Läufe bei den Frauen gesehen.“ Mit ihrer Zeit von 89,36 Sekunden hätte sich die 33-Jährige im Finale der Kajak-Herren auf Platz neun eingereiht. Eine unglaubliche Leistung. Lobend hob er auch den Platz fünf von Nele Bayn hervor. „Ich denke, wenn sie weiter an sich arbeitet, ist die Medaille das Nächste, was bei ihr rauskommen würde.“ Ein Problem sehe er im Kajak-Herrenbereich. International mithalten konnte nur Noah Hegge. Ihm fehle noch der letzte Schritt im Finale. Dennoch sehe er bei ihm optimistisch in die Zukunft. Auch bei Andrea Herzog stimme die Performance, da mache er sich keine Gedanken mit Blick auf die Saison. Etwas überrascht zeigte sich Pohlen über die zwei Fünfziger von Sideris Tasiadis, „das kenne ich von ihm eigentlich nicht. Aber die Grundschnelligkeit stimmt. Die Aggressivität habe ich in den letzten Jahren selten von ihm gesehen.“ Die späte 50-Strafsekunden-Vergabe für Emily Apel hängt immer noch nach. Diese hatte die Augsburgerin aufgrund eines Protestes des slowenischen Teams. „Da bleibt ein fader Beigeschmack.“ Sie habe auf jeden Fall einen Schritt nach vorne gemacht, „da bin ich optimistisch für die Zukunft.“

U23-Bundestrainer André Ehrenberg verabschiedet sich: „Ich habe Zweifel, dass Sportdeutschland ein gutes Pflaster ist zu arbeiten.“
– Lena Stöcklin übernimmt kommissarisch

U23-Bundestrainer André Ehrenberg hat seinen Rücktritt erklärt. Der 53-Jährige wird Ende Juli komplett aus dem Kanusport aussteigen. Zu seiner Entscheidung hätten verschiedene Gründe geführt, aber, so betonte er, „ich gehe im Guten“. Er werde sich komplett aus dem Sportbereich verabschieden. „Ich habe Zweifel, dass Sportdeutschland ein gutes Pflaster ist zu arbeiten.“ Die Sportlandschaft Deutschland bezeichnete er als „ein bisschen toxisch. Zweimal wurden Olympische Spiele abgelehnt.“ Auch mit Blick auf eine mögliche Bewerbung für 2040 oder 2044 sehe er nicht optimistisch entgegen. Die Bevölkerung scheint es nicht zu wollen, Sponsoren zu finden sei schwer. Als persönliche Gründe für seinen Rücktritt nannte er zudem die Extrembelastung eines Trainers. Für ihn sei es jetzt noch der richtige Zeitpunkt, um beruflich noch einmal in einem anderen Bereich zu arbeiten. Was, das wollte er nicht verraten.

Während seiner Sportkarriere gewann André Ehrenberg gemeinsam mit Michael Senft 1996 Olympia-Bronze im Canadier-Zweier. Ein Jahr später paddelten beide auf Rang zwei bei den Weltmeisterschaften. Ehrenberg war für den RSV Braunschweig und RKV Bad Kreuznach gestartet.

Der Deutsche Kanu-Verband (DKV) hat die Leipzigerin Lena Stöcklin kommissarisch für die inhaltliche und weitere planerische Ausrichtung im Jahr 2025 als verantwortliche Bundestrainerin und Ansprechpartnerin für den U23-Bereich eingesetzt.

Marianne Stenglein / Kanu Schwaben Augsburg / Presse / 18.05.2025 / Text und Fotos DKV Uta Büttner

 

 

 

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