Interview im Hinblick auf den virtuellen Krampuslauf am 4./5.12.2021

28.11.2021 07:08
von Marianne Stenglein

Wiederbewaldungsprojekt in Mexiko

Der Verein Kanu Schwaben Augsburg veranstaltet einen virtuellen Spendenlauf und lädt alle Teilnehmenden ein anstelle einer Startgebühr eine freiwillige Spende an Plant-for-the-Planet zu tätigen. Mit jedem Euro wird ein Baum im eigenen Pflanzprojekt auf der Yucatán-Halbinsel in Mexiko gepflanzt.

1.) Warum werden die Bäume in Yucatán / Mexiko gepflanzt? Um welche Baumarten handelt es sich?

Plant-for-the-Planet ist eine Internet-Plattform, die Renaturierungsinitiativen weltweit die Chance bietet Spenden zu sammeln und eine Baumpflanzbewegung in Gang zu setzen. Das Ziel sind 1000 Milliarden zusätzlicher Bäume weltweit. Aktuell nutzen schon über 190 Pflanzinitiativen die Plattform, hauptsächlich in den Ländern des Globalen Südens, wo die Bäume nicht nur schneller wachsen und somit mehr CO₂ binden, sondern viele Zusatznutzen bieten, wie Arbeitsplätze, Wohlstand und Sicherheit.

Die von Felix Finkbeiner ins Leben gerufene Plant-for-the-Planet Stiftung hat auch selbst die Verantwortung übernommen eigene Waldgebiete zu renaturieren und zu schützen. Die Renaturierung auf degradierten ehemaligen Waldflächen erfolgt im mexikanischen Bundesstaat Campeche, das zu den Biodiversitäts-Hotspots der Erde zählt. Hier sind allein seit 2002 9,6 % der Waldflächen verloren gegangen.

Die Baumarten sind allesamt heimische Baumarten, dazu zählen der Trompetenbaum, eine Mahagoni-Art, die spanische Zeder oder auch der sogenannte Kaumgummibaum. Insgesamt ziehen wir derzeit bis zu 20 Arten in unserer Partnerbaumschule, die wir dann auspflanzen, wenn sie rund einen halben Meter hoch sind. Die Samen dafür sammelt das Team in Mexiko selbst aus bestehenden Wäldern der Region, um sicherzustellen, dass sie an die lokalen Bedingungen unserer Pflanzstandorte angepasst sind. Ziel ist, einen möglichst naturnahen Wald wiederherzustellen. Ein Team aus Ökolog*innen hat hierzu einen spezifischen Pflanzplan erstellt.

Wenn das ursprüngliche Ökosystem wiederhergestellt wird, profitiert auch die Tierwelt. In Campeche, sind beispielsweise der Jaguar und der Tapir aufgrund von Abholzung und Rodung vom Aussterben bedroht. Der Lebensraum vieler Tierarten schwindet, Waldflächen werden oft durch menschliches Einwirken verkleinert und zerteilt.

Da es sich im Pflanzgebiet auf der Halbinsel Yucatán um tropischen Trockenwald handelt, sind die Baumarten, die wir hier pflanzen bei uns nicht so bekannt, daher nachfolgend eine Auswahl.

Balché (Lonchocarpus longistylus)

Der gebräuchliche Name in der Region ist Balché. Er wächst bis zu 10 Meter (m) hoch, mit dichtem und rundem Laub. Er gehört zur Familie der Fabaceae und ist eine wichtige Ressource für Bestäuber. Außerdem ist er für die Mayas ein heiliger Baum.

Amerikanischer Mahagoni (Swietenia macrophylla)

Der in der Region gebräuchliche Name ist Caoba und er gehört zur Familie der Meliaceae. Er wird bis zu 25 m hoch und der Stamm kann in Brusthöhe einen Durchmesser von bis zu 1,5 m erreichen. Er ist in der Region für sein hartes Holz bekannt, was ihn zu einem idealen Rohstoff für Möbel macht.

Trompetenbaum (Tabebuia rosea)

Der in der Region gebräuchliche Name ist Maculís und er gehört zur Familie der Bignoniaceae. Dieser Baum kann bis zu 15 m hoch werden und er ist eine sehr wichtige Ressource für Bestäuber. Traditionell wurde Maculís für ländliche Bauarbeiten verwendet.

Guanacaste (Enterolobium cyclocarpum)

Der gebräuchliche Name in der Region ist Pich und er gehört zur Familie der Fabaceae. Diese Art ist ein großer Baum, der 20 bis 30 m hoch wird. Die Samen werden traditionell geröstet gegessen und sind ebenso nahrhaft wie die proteinreichen Bohnen. In vielen Orten der Yucatán-Halbinsel werden ihre Samen auch zur Herstellung von Kunsthandwerk wie Armbändern und Ohrringen verwendet.

Brotwalnuss (Brosimum allicastrum)

Der in der Region gebräuchliche Name ist Ramón und er gehört zur Familie der Moraceae. Er wird bis zu 30 m hoch und ist ein immergrüner, dichtkroniger Baum. In der Region werden die Samen getrocknet und zur Herstellung von Brot und Kaffee verwendet. Auch die Blätter sind eine wichtige Proteinquelle und werden daher als Futter für Schafe und Schweine verwendet.

Siricote (Cordia dodecandra)

Der in der Region gebräuchliche Name ist Siricote und er gehört zur Familie der Boraginaceae, der gleichen Familie wie die Vergissmeinnicht-Blumen. Dieser Baum kann bis zu 30 m hoch werden und er zeichnet sich durch seine groben Blätter aus. Diese besonderen Blätter wurden als Schleifpapier verwendet. Traditionell werden die Rinde und das Holz zur Behandlung von Erkältungen verwendet.

Kaugummi-Baum (Manilkara zapota)

Der gebräuchliche Name in der Region ist Zapote oder Chicozapote. Diese Art gehört zur Familie der Zapotaceae und kann bis zu 40 m hoch werden. Traditionell wird der Saft aus seinem Stamm gewonnen und zur Herstellung von Kaugummi verwendet. Außerdem wird er für seine Früchte geschätzt, die einen sehr süßen Geschmack haben.

Spanische Zeder (Cedrela odorata)

Der gebräuchliche Name in der Region ist Cedro und ähnlich wie Mahagoni gehört er zur Familie der Meliaceae. Er erreicht eine Höhe von bis zu 40 m und einen Durchmesser in Brusthöhe von 2 m. Diese Baumart wird wegen ihres harten Holzes geschätzt, das häufig für die Möbelherstellung verwendet wird.

2.) Gehört der Grund, auf dem die Bäume gepflanzt werden, Plant-for-the-Planet oder gibt es Grundbesitzer, die hier Eigentümer sind und es nur verpachten?

Alle Flächen, die Plant-for-the-Planet im mexikanischen Bundesstaat Campeche auf der Halbinsel Yucatán renaturiert, befinden sich in Besitz der gemeinnützigen mexikanischen Plant-for-the-Planet A.C. Die Flächen wurden mit Hilfe der deutschen Stiftung und anderer privater Unterstützer beispielsweise durch Zustiftungen erworben, denn der Erwerb von Grund ist in der Kalkulation von einem Euro pro Baum nicht enthalten.

Aktuell verfügt Plant-for-the-Planet auf der Halbinsel Yucatán über etwa 239 km2 Waldflächen, die stark oder vollständig zerstört sind und einer aktiven Renaturierung bedürfen. Genauere Angaben zu den einzelnen Flächen und Besitzverhältnissen entnehmen Sie bei Bedarf bitte dem Transparenzbericht 2020. (Folie 29: 1 Euro = 1 Baum Kostensplitting, Flächen und Besitzverhältnisse Folie 27)

3.) Mitten durch den Urwald, der seit Jahrhunderten die Lebensgrundlage vieler indigener Maya ist, will der mexikanische Präsident Andrés Manuel López Obrador eine Schneise schlagen und Schienen verlegen. Der Baubeginn ist gestartet. Wird dies auf die Pflanzungen in irgendeiner Weise Einfluss haben?

Das benannte Projekt ist uns bekannt und wie Sie sagen auch schon zu Teilen in der Umsetzung. Der Streckenverlauf berührt die Flächen von Plant-for-the-Planet nicht.

4.) Es gibt diverse Organisatoren, welche Bäume pflanzen. Was wird dies für einen Einfluss auf Plant-for-the-Planet Projekte haben?

Die Plant-for-the-Planet Plattform versucht, so viele Organisationen wie möglich unter dem gemeinsamen Ziel der globalen Wiederherstellung von Wäldern zu vereinen. Momentan sind das über 190 Projekte. Das Projekt, das die Stiftung selbst betreibt, ist nur eines davon. Wir haben die Vision und wissen um die Möglichkeit, der Welt 1.000 Milliarden Bäume zurückzubringen. Das muss uns gelingen, denn diese zusätzlichen Bäume könnten, wenn sie ausgewachsen sind, etwa ¼ bis ⅓ aller bisherigen menschlichen CO2-Emissionen aufnehmen. Jedes zusätzliche Projekt, das sich an der Renaturierung beteiligt, ist ein wertvoller Beitrag zu diesem Ziel. Man muss aber auch bedenken: wir sprechen hier nicht von Monokulturen, es geht darum, langfristig Ökosysteme zu schützen und wiederherzustellen. Das in der Biomasse dieser Ökosysteme zusätzlich gebundene CO2 ist der Zeitjoker, den wir gewinnen, um die Energiewende zu schaffen.

Wälder, die wir aktiv renaturieren spielen dabei eine besondere Rolle, denn anders als Wälder, die sich über viele Jahrzehnte von selbst regenerieren, bilden sie sehr viel schneller wieder vielfältige Waldgemeinschaften.

5.) Die Kanu Schwaben begrüßen die Aktion „Krampuslauf am 4./5.12.2021 zusammen mit Plant-for-the-Planet“ und würden sich freuen, wenn der Gründer Felix Finkbeiner auch dabei sein könnte. Besteht diesbezüglich eine Möglichkeit?

Felix ist selbst leidenschaftlicher Läufer und ist bereits für den Lauf angemeldet.

6.) Wie speziell können sich Kinder bei Plant-for-the-Planet mit einbringen?

Der klassische erste Schritt ist die Teilnahme an einer der vielen Plant-for-the-Planet Akademien für Kinder zwischen neun und zwölf Jahren. Die bieten wir, nicht zuletzt Pandemie-bedingt, inzwischen auch online an. Man kann sich dazu ganz einfach auf unserer Homepage anmelden. Die eintägigen Offline- bzw. 2-stündigen Online-Akademien sind kostenlos und geben den Kindern einen ersten Einblick in die Themen „Klimagerechtigkeit“, „Bäume pflanzen“ und „Engagement“. Wer aber einfach mal reinschnuppern möchte, kann sich auch bei den Tree Talks einklinken. In diesen Online-Workshops stellen Experten ganz unterschiedliche Themen vor und die Kinder und Jugendlichen erhalten die Möglichkeit sich aktiv einzubringen, Fragen zu stellen und  viele Anregungen mitzunehmen, was sie selbst tun können. Auch dazu kann man sich online anmelden. Weitere Infos und Anmeldelinks gibt es hier: https://a.plant-for-the-planet.org/de/academies/

7.) Die Kanu Schwaben sind in der Natur zu Hause, Flüsse und Seen sind ihr Ausgangspunkt für viele ihrer sportlichen Aktivitäten. Neben dem Element Wasser, spielt der Wald eine große Rolle im täglichen Leben, siehe Siebentischwald und Stadtwald in Augsburg – die grüne Lunge der Stadt. Im Zuge der Bauarbeiten mussten Bäume weichen, so dass es unser Ziel ist, möglichst viele neue Bäume zu pflanzen. Wir möchten diese Initiative unterstützen, damit auch unsere Kinder und Enkelkinder unseren Sport in einer gesunden und nachhaltigen Umgebung ausüben können. Wir freuen uns deshalb, wenn viele Bäume auch regional und überregional gepflanzt werden. Wird dies auch von Plant-for-the-Planet als Möglichkeit gesehen, auch national tätig zu werden?

Das Konzept von Plant-for-the-Planet zielt auf eine globale Wiederbewaldung, wo Waldverluste besonders groß sind und die Menschen vor Ort nur schwer Unterstützung finden, um ihre Renaturierungs-Projekte zu realisieren. Daher setzen wir den Schwerpunkt in den Ländern des Globalen Südens, wo - wie oben gesagt - die Bäume zudem schneller wachsen und schneller mehr CO2 binden. In Deutschland beispielsweise ist ungefähr ein Drittel der Fläche bewaldet. Hier steht der Waldschutz im Vordergrund. Wir können ja die Flächen, die wir für Siedlungen und Landwirtschaft benötigen, nicht einfach in Wald zurückverwandeln. Es gibt auf unserer Plattform aber auch einige Projekte aus Europa, die unterstützt werden können. Für die Kinder und Jugendlichen ist es aber immer wichtig, auch selbst etwas in ihrem Land bewirken zu können. Deshalb pflanzen wir beispielsweise in den Akademien auch immer mit lokalen Förstern und auch die verschiedenen Plant-for-the-Planet Clubs und lokalen Initiativen engagieren sich innerhalb des eigenen Landes und pflanzen beispielsweise Streuobstwiesen oder beteiligen sich an Waldwiederherstellungsprojekten.

8.) Wie viele Bäume sollen überhaupt gepflanzt werden und wer macht dies vor Ort?

Insgesamt wollen wir in Mexiko bis 2030 100 Millionen Bäume pflanzen.


9.) Wie viel Mitarbeiter werden von Plant-for-the-Planet eingesetzt und sind dafür auch Ehrenamtliche im Einsatz?

Konkret in unserem eigenen Projekt in Mexiko auf der Halbinsel Yucatán sind derzeit 124 Menschen beschäftigt, die sich mit unterschiedlichsten Aufgaben einbringen, von Ökolog*innen über ein großes Team aus Pflanzer*innen bis zum Küchenpersonal. Das Team ist fest angestellt, wir sind in dieser Region ein wichtiger und auch geschätzter Arbeitgeber. Die meisten Mitarbeitenden kommen direkt aus der Umgebung, aber auch aus anderen Teilen des Landes. Das betrifft vornehmlich die Wissenschaftler*innen. Für unsere Akademien arbeiten wir außerdem mit vielen jungen Engagierten zusammen, die die Workshops entweder moderieren oder in Ländern außerhalb Deutschlands auch mit unserer Unterstützung selber organisieren.

10.) Wie kam es eigentlich zur Idee des Bäume pflanzens und wie lange gibt es diese schon?

Die Kinder- und Jugendinitiative Plant-for-the-Planet wurde im Januar 2007 ins Leben gerufen. Der damals neunjährige Felix Finkbeiner forderte am Ende eines Schulreferats über die Klimakrise seine Mitschüler auf: „Lasst uns in jedem Land der Erde eine Million Bäume pflanzen!“ Ziel der Kinder- und Jugendinitiative ist mittlerweile, dass die Menschheit 1.000 Milliarden Bäume pflanzt. Bäume sind das günstigste und effektivste Mittel, CO2 zu binden und so den Menschen einen Zeitjoker zu verschaffen, um die Treibhausgas-Emissionen auf null zu senken und die Klimakrise abzuschwächen. Das belegt auch eine wissenschaftliche Studie.

Die jungen Botschafter*innen für Klimagerechtigkeit von Plant-for-the-Planet haben etwas ganz Erstaunliches geschafft: Sie bringen die Hoffnung zurück in die scheinbar ausweglose Klimakrise: Sie verharren nicht im Alarmismus der aufziehenden Katastrophe, sondern zeigen im eigenen Interesse sehr gangbare und smarte Wege, wie wir Menschen Bäume und Smartphones im Kampf gegen die Klimakrise einsetzen können. Die Kinder und Jugendlichen reden nicht, sie handeln: allein in den ersten 200 Tagen des Jahres 2021 haben sie es geschafft, dass über ihre Plattform 14,2 Millionen Bäume gespendet und alle Spendengelder zu 100% an 143 Pflanzprojekte weltweit weitergeleitet wurden. Sie haben keine Plattform geschaffen, um Geld zu verdienen, sondern um Zukunft zu gewinnen. Ihre Vision: Menschen auf der ganzen Welt zu motivieren, mit der innovativen transparenten Baum-Spende-Plattform plant-for-the-planet.org die weltweite Renaturierung von verloren gegangenen Wäldern voranzutreiben.

Wir bedanken uns für das Interview und wünschen Plant-for-Planet viel Erfolg und besonders auch – den von Kanu Schwaben (federführend Thomas Schmidt) initiierten virtuellen Krampuslauf am 4./5.12.2021

Marianne Stenglein, Referentin für Presse, Kanu Schwaben Augsburg, 26.11.2021

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